Neue Fotoarbeiten

Städtische Galerie Haus Coburg vom 18. August bis 4. Oktober 1995

Großfotos, Zeichnungen und Installationen - dies sind die wesentlichen Arbeitsbereiche des 1956 geborenen Künstlers. Das Werk entsteht konsequent und kontinuierlich - mit einer im Kunstbetrieb ungewohnten Ruhe und Langsamkeit, aber »schneller als ich dachte« (Falkenhagen).

Die Ausstellung zeigt neue Großfotos, neue Selbstbildnisse und erstmalig Stilleben, sowie viele neue Zeichnungen.

Ironie, Empirie und Distanz zeichnen ein Werk aus, das doch durch Formen geprägt ist, die traditionellerweise subjektiven Äußerungen und Aussagen von existentieller Dimension vorbehalten sind: dem Selbstbildnis und der Zeichnung. In großformatigen Fotoarbeiten inszeniert Harald Falkenhagen die eigene Figur als fremde, als die Gestalt eines anderen in einem genau kalkulierten Arrangement. Die Fotoarbeiten entwickeln sich Bild für Bild mit bestimmten Konstanten: dem immer gleichen Querformat, der Reduktion auf Schwarz und Weiß, der zentral und frontal plazierten Figur mit der durch die Jahre hindurch fast immer gleichen Kleidung, vor immer demselben Vorhang, im immer gleichen oder sehr ähnlichen Licht. Die Figur hat immer eine zweite bei sich: ihren Schatten.

Merkwürdige Requisiten und eine gezielte, aber ins Funktionslose zielende Gestik verlocken dazu, Bedeutung zuzuschreiben, die sich doch entzieht. Harald Falkenhagen ist ein Virtuose darin, den schweren Ernst der Kunst ins Ungreifbare aufzuheben. In diesen leeren Bildräumen, in die der Betrachter hineinschaut und aus denen heraus er angeblickt wird, ist alles voller Reflexion, reflektieren sich Wahrnehmung und Wahrgenommenes selber und scheint sich Aussage doch aufzulösen.

Das Spiel mit der Kunst gewinnt an Leichtigkeit und Witz in den Zeichnungen. Auch sie entwickeln sich mit der Konstante des immer gleichen Formats, dem DIN A4 Format. Wie ein Gerüst ist ihre Reihung durch Datum und Uhrzeit bezeichnet. Sie dokumentieren und machen sich im selben Augenblick über sich selbst lustig. Schnell hingekritzelt, sprechen sie von der Schwierigkeit des Zeichnens mitsamt all seinen Wahrnehmungsgesetzen und von der Lächerlichkeit der Zeichnung. Und doch wollen sie ja nichts anderes, als die umgebenden Dinge und die eigenen Wahrnehmungen aufs Papier bringen nur daß die Kriterien der Auswahl und die Regeln der Abbildung nicht mehr sicher sind.

Die Einladungskarten von Harald Falkenhagen facettieren neben Buchproduktionen wie der literarisch-visuellen »Applausforschung« das Kunstspiel am übermütigsten »Schon wieder eine Einladungskarte«, »kommen müssen«, »Falls Sie keine Zeit, Lust oder kein Interesse haben, ist es auch in Ordnung. Sie können ja nicht überall sein. Ich werde sehr wahrscheinlich da sein.«

Barbara Alms